Hamwee

 



Die Sonne brannte gnadenlos über der staubigen Hauptstraße. Die wenigen Büsche am Straßenrand spendeten nur wenig Schatten, in dem Hamwee sich kauerte. Der Junge sah sich um, Schweiß lief ihm in die brennenden Augen, vermischte sich mit seinen Tränen. Er wollte nach Hause.
Er erinnerte sich an den Tag, als man ihn von zu Hause weggeholt hatte. Männer waren gekommen, viele Männer, die grimmig schauten. Er hörte wieder das Knattern der Gewehre, roch wieder den Rauch der brennenden Hütten, hörte wieder die Schreie der Frauen und Kinder.
Die Väter und Ehemänner waren nicht im Dorf gewesen. Das Militär hatte alle Männer, die ihnen in die Finger gekommen waren, mitgenommen, sie zum Dienst an der Waffe gezwungen. Nur noch ein paar Greise, die Frauen und Kinder waren zurückgeblieben, wehrlos, hilflos. Die Frauen flehten, die Kinder weinten. Die Soldaten lachten und sagten: „Wir beschützen euch doch, und dafür brauchen wir eure Männer.“ Dann fuhren sie davon.
Wenige Tage später hatten die Rebellen das Dorf überfallen. Die alten Männer, die verzweifelt Widerstand zu leisten versuchten, hatten sie einfach erschlagen. Nicht einmal eine Gewehrkugel seien sie noch wert, höhnten sie. Die Frauen und Mädchen hatten sie mitgenommen, wohin, wusste Hamwee nicht. Die Jungen wurden auf Lastwagen und in Jeeps zusammengepfercht, dann ging es quer durch den Dschungel in ein Camp.
Hamwee hatte schnell begriffen, was die Rebellen wollten. Er sah, wie sie einen der Jungen misshandelten, der sich weigerte, ein Gewehr zu nehmen. Mehr tot als lebendig hatten sie ihn in die muffige Hütte geworfen. „Wenn du nicht kämpfen willst kannst du sterben.“, riefen sie, als sie die Tür verriegelten. Der Junge war gestorben, nachts. Am nächsten Tag sprach der Anführer zu ihnen. Er erzählte von Ehre, von Freiheit. Und er erzählte, dass der Junge ein Spion der Regierungstruppen gewesen sei, nur deshalb habe er sich geweigert, an ihrer Seite zu kämpfen.
Hamwee lernte zu schießen, sich im Gebüsch und auf der offenen Fläche der Savanne zu tarnen. Er lernte schnell, wie man lautlos an jemanden anschlich, wie man mit dem Messer umging, wie man jemanden lautlos tötete. Er wollte leben, wollte seine Familie wiedersehen, wollte sich auf den Weg nach Hause machen.
Die Ausbildung war nur kurz. Nach wenigen Wochen schon wurden sie mitgenommen. Ihr erster Überfall auf einen Transport des Militärs endete mit mehreren toten Jungen. Sie wurden als erste losgeschickt, waren nur die Zielscheiben für die Soldaten. Gnadenlos wurden sie hingeschlachtet. Dann griffen die Rebellen an, als die Soldaten von den Kindern abgelenkt waren. Hamwee begriff auch diese Lektion. Nie ganz vorne sein.
Aber schmerzhafter war die Lektion danach. Die Kinder, die sich verzweifelt im Hintergrund gehalten hatten, um nicht in das Schussfeld zu gelangen, wurden in der Mitte des Camps an Pfähle gebunden, die Kleider hatte man ihnen vom Leib gerissen. Gnadenlos brannte die Sonne auf sie herab. Dann wurden sie ausgepeitscht, Feigheit vor dem Feind nannte man ihre Angst.
Halbtot wurden sie später losgebunden. Wie durch ein Wunder hatten alle überlebt.
Immer wieder wurden sie zu Überfällen mitgenommen. Hamwee lernte, wie man überlebt, wie man immer wieder den Kugeln auswich, wie man ungestraft überleben konnte. Er wartete; wartete auf den Tag, an dem er endlich die weite Reise nach Hause antreten konnte.
Eines Nachts war es dann soweit. Schüsse peitschten durch die Nacht, Geschrei riss ihn hoch. Seine Kameraden, die zur Öffnung des Zeltes liefen, fielen, getroffen von Gewehrkugeln, tot um. Hamwee wusste, nun war es soweit. Aber dazu musste er überleben, musste das Camp verlassen können. Leise bewegte er sich auf das andere Ende des Zeltes zu, dort, wo es bereits einen schmalen Spalt gab. Mit beiden Händen vergrößerte er den Spalt, bis er hindurch passte. Er griff sich seine Wasserflasche, den Beutel mit dem wenigen Proviant und sein Gewehr.
Er kroch durch das Gras ins Unterholz, weiter und immer weiter vom Lärm fort. Er robbte durch den schlammigen Bach, weiter, nur weiter. Geräusche in der Nähe ließen ihn sich noch tiefer in den Schlamm graben. Er wartete. Er hatte Angst. Er spürte, wie sich vor Angst die Blase entleerte, weinte. Dann hörte er laute Rufe, Gewehrfeuer.
Er spähte durch das Schilf, das dicht am Ufer wuchs. Einige Jungen, Kinder aus einem anderen Dorf, hatten ebenfalls die Flucht gewagt, wurden jedoch von den Soldaten eingeholt.
Mit Kolbenschlägen der Gewehre wurden sie fortgetrieben.
Auf einmal war eine gespenstische Ruhe. Dann Motorengeräusch, dass sich enfernte.
Hamwee wartete noch ungefähr eine halbe Stunde, dann kroch er aus dem Bach.
Langsam tastete er sich durch den dunklen Wald, in Richtung Straße, bog dann aber wieder ab in Richtung Camp.
Unterwegs stieß er auf einige Leichen der Rebellen. Die Soldaten hatten sie erschossen und liegen gelassen. Er überwand seine Angst, seinen Ekel und durchsuchte die Taschen nach etwas brauchbarem. Er fand ein paar Wasserflaschen, deren Inhalt er zusammengoss, etwas zu essen, Munition. Er nahm einem der Toten seine Jacke ab, einem toten Jungen, der seine Größe hatte, die Stiefel.
Langsam ging im Osten die Sonne auf, es wurde Zeit für ein Versteck.
Hamwee orientierte sich, dann schlug er den Weg in Richtung Berge ein. Dort gab es ein paar Höhlen, die er während seiner Ausbildung gesehen hatte. Dort fiel er in einen unruhigen Schlaf.
Als die Abenddämmerung hereinbrach erwachte Hamwee. Er trank ein paar Schlucke Wasser, das abgestanden schmeckte. Dazu aß er ein wenig der Vorräte, die er gesammelt hatte. Er wusste, dass er mit dem bisschen niemals den weiten Weg bis nach Hause schaffen würde. Er dachte nach. Als kleiner Junge hatte er von seinem Vater gelernt, wie man mit Schlingen kleinere Tiere fing, die man essen konnte.
„Habe ich Zeit dafür?“, so fragte er sich. Er beschloss, zwei oder drei Tage in der Höhle zu bleiben, sich Vorräte zu beschaffen, um dann weiter zu ziehen. Er stöberte in seinen wenigen Habseligkeiten, fand darin alles, um eine einfache Schlinge zu legen. Kurz dachte er daran, sich etwas zu schießen, aber er wusste, dass man eventuell den Schuss hören würde, also ließ er es sein.
Geschickt legte er die Schlinge und machte sich auf die Suche nach Salz. Er kannte sich hier aus und fand schnell, was er suchte. Eine Senke, in der sich die Reste eines ausgetrockneten salzigen Tümpels befanden, lieferten ihm genug Salz. Er sammelte es auf und untersuchte seine Schlinge. Ein wildes Kaninchen hatte sich darin gefangen, zappelte wild. Schnell schnitt Hamwee ihm die Kehle durch, häutete es und nahm es aus. In der Höhle salzte er das Kaninchen ein, so wie es ihm sein Vater gezeigt hatte, dörrte das Fleisch über einem rauchlosen Feuer und vergrub die Reste tief hinten in der Höhle, damit keine wilden Tiere es ausgraben konnten. In der Nacht fing er noch mehrere kleinere Tiere, die seinen Vorrat ergänzten.
Nach drei Tagen wollte er sich endlich auf den Weg machen. Er füllte seine Wasserflaschen, orientierte sich an den Sternen und brach auf.
Er folgte dem Bach. Immer wieder blieb er stehen, lauschte. Aber schon seitdem er aus dem Rebellenlager geflüchtet war, hatte er niemanden mehr gehört oder gar gesehen. Einmal blieb er stehen, weil er glaubte, er hätte Gesang gehört. Aber er redete sich ein, dass er sich geirrt hatte.
Im Morgengrauen suchte er sich einen Unterschlupf unter einem umgestürzten Baum und schlief bis zum Nachmittag.
Als er erwachte wusste er zuerst nicht, wo er war. Doch dann brachen die Erinnerungen wieder über ihn herein und er begann zu weinen. Doch dann zwang er sich, stark zu sein. Er hatte noch einen langen Weg vor sich, er musste seine Mutter und seine Schwestern finden. Und dann musste er für sie ein Heim schaffen, eine Heimat, bis sein Vater zurück zu ihnen kommen konnte, wenn er noch lebte.
Die Ungewissheit quälte ihn mehr noch als sein Hunger. Er verzehrte etwas von dem getrockneten Fleisch und trank das abgestandene Wasser dazu.
Er dachte nach. Wohin könnten sie seine Familie verschleppt haben? Er hatte im Rebellencamp Gerüchte gehört, dass es ein Dorf in der Nähe des Flusses geben sollte, in dem man die Familien der verschleppten Jungen gebracht haben sollte. Die anderen Jungen hatten dies erzählt. Sie hatten es von den Rebellen gehört, wenn sie betrunken waren.
Manchmal waren einige von ihnen weg gefahren und erst spät in der Nacht zurückgekehrt. Hamwee hatte einmal gehört, dass die Männer bei den Frauen waren, es ihnen besorgt hatten, wie sie sich ausdrückten. Hamwee hatte mit diesem Ausdruck nichts anfangen können, aber er ahnte, dass es nichts Gutes war.
Aber nun hatte er ein Ziel. Der Fluss war nur noch knapp einen halben Tagesmarsch entfernt, und das Dorf konnte nicht weit sein.
Er packte sein Bündel, nachdem er sich in den Büschen erleichtert hatte, und machte sich auf den Weg.
Er wanderte die halbe Nacht, blieb immer wieder stehen, lauschte, sog den Geruch ein. Er dachte daran, was sein Vater ihn gelehrt hatte.
„Sohn, deine Augen kann man täuschen, aber niemals deine Nase. Ein Feuer ist ein Feuer, du kannst es riechen, lange bevor du es siehst. Und Menschen riechen. Die wilden Tiere wittern uns. Und genau so kannst auch du andere Menschen riechen. Achte immer auf den Wind.“
Er ging weiter, vorsichtig, immer wieder lauschend. Auf einmal drang ein Geruch in seine Nase. Es roch nach Feuer, nach Menschen. Er schlich vorsichtig weiter, teilte mit den Händen langsam das dichte Buschwerk. Da sah er das Dorf.
Das musste es sein. Dort war seine Familie, er war sich sicher.
Leise zog er sich zurück, im Moment konnte er nichts tun. Er musste abwarten, er war der Jäger, wie sein Vater es ihm gezeigt hatte. Er musste beobachten, lauern, auf seine Chance warten.
Als erstes musste er schlafen, damit er ausgeruht war. Nicht weit von dem Platz, an dem er kauerte, hatte er eine Stelle für ein Nachtlager gesehen. Dort legte er sich bis zum Morgengrauen hin, dann legte er sich auf die Lauer.
Er versuchte herauszufinden, wie stark das Dorf bewacht war, wie viele Männer dort waren und wie er hinein gelangen konnte. Und, das war noch wichtiger, wie er mit seiner Familie wieder hinaus kam.
Er legte sich in den Schatten der Büsche, direkt neben der Straße, die er im Dunkeln nicht gesehen hatte und beobachtete.
Er wusste nicht, ob es das richtige Dorf war, und ob seine Familie sich darin befand. Er war sich sicher, er fühlte es, aber er brauchte Gewissheit, er brauchte Geduld. Die Sonne stieg höher, brannte unbarmherzig auf ihn nieder. Doch er wartete.
Dann kam Bewegung in das Dorf. Mehrere Frauen wurden von einigen Männer aus einem Tor geführt. Die Frauen trugen Kübel auf den Köpfen, einige hatten kleine Kinder an der Hand. Hamwee verstand, sie gingen zum Fluss, Wasser schöpfen. Aufgeregt beobachtete er die Frauen. Da! Da war seine Mutter, und sie hatte seine beiden Schwestern bei sich. Hamwee überlegte nicht lange, das war die Chance, auf die er gewartet hatte.
Er zählte die Wachen. Nur zwei Männer. Das war zu schaffen, das hatte er gelernt.
Er schlich hinter dem Trupp her. Die Frauen begannen, ihre Kübel zu füllen. Einer der Männer grinste dreckig, als er einer Frau ungeniert unter ihren Umhang griff. Die Frau zuckte zusammen, ergab sich aber in ihr Schicksal und ging mit ihm in die Büsche. Der andere lachte laut.
Jetzt oder nie, dachte Hamwee. Er robbte näher an die verbliebene Wache, kletterte geräuschlos auf den Baum, an den die Wache sich anlehnte und dabei rauchte.
Er zog sein Messer und ließ sich fallen. Dabei verursachte er ein leises Geräusch, das die Wache vernahm. Der Mann schaute hoch und konnte nur noch einen Schatten sehen, der auf ihn niederfiel. Hamwee klammerte sich an dem Mann fest und zog das Messer über seinen Hals. Blut spritzte hervor und der Mann brach ohne einen Laut zusammen. Es war so schnell gegangen, dass noch nicht einmal die Frauen etwas bemerkt hatten. Hamwee sah auf den Mann und ihm wurde schlecht. Er hatte noch nie einen Menschen getötet. Selbst bei den Rebellen war es ihm gelungen, dies nicht zu tun. Er fing an zu zittern, aber er riss sich zusammen. Es war noch ein Mann da.
Er schlich sich in die Büsche, fand den Mann, wie er auf der Frau lag. Er wusste nicht genau, was die beiden dort machten, aber er ahnte es. Die Frau sah Hamwee an, schloss die Augen und nickte unmerklich.
Da sprang er von hinten auf den Mann und schnitt auch ihm die Kehle durch. Das Blut lief über die Frau, die nur den toten Körper von sich abwarf. Sie ordnetet die Kleider.
„Danke. Ich weiß nicht, wer du bist, aber du hast etwas getan, was ich dir nie vergessen werden.“
Hamwee drehte sich um, übergab sich. Er hatte niemals jemanden töten wollen, und nun hatte er in wenigen Minuten das Leben von zwei Männern ausgelöscht. Die Frau nahm ihn in die Arme.
„Es ist gut. Sag mir, wer du bist und was du hier tust.“
Er schluchzte. „Ich bin Hamwee, und dort bei den Frauen sind meine Mutter und meine Schwestern. Ich bin gekommen, um sie nach Hause zu holen.“
Sie zog ihn mit sich. Die Frauen standen am Flussufer und wussten nicht, was passiert war. Sie hatten die tote Wache nicht entdeckt, aber dafür sahen sie Hamwee.
„Hamwee!“, rief eine Frau und rannte los, mit ihr zwei kleine Mädchen.
„Mutter.“
Sie fielen sich in die Arme, weinten und lachten.
„Komm Mutter, wir müssen weg hier. Wenn die anderen merken, dass die Wachen fehlen, werden sie kommen und uns suchen.“
Hamwees Mutter nickte.
„Ja, du hast recht. Im Lager sind noch ungefähr zwanzig Männer. Wir müssen uns beeilen.“
„Haben sie Autos?“
„Nein.“
Hamwee sah sich um.
„Was machen wir mit den anderen Frauen?“
Hamwees Mutter drehte sich um.
„Wir fliehen. Wer mitkommen will, soll dies tun. Wer seinen eigenen Weg gehen will, es steht ihr frei. Aber geht nicht ins Dorf. Oder hat eine von euch noch Familie dort?“
Die Frauen schüttelten die Köpfe.
Hamwee sah sich besorgt um und flüsterte seiner Mutter etwas zu.
„Wir haben keine Vorräte. Wie sollen wir das machen.?“
„Es wird gehen.“
So zogen sie los, einige der Frauen und Kinder gingen mit Hamwee und seiner Familie, andere trennten sich von ihnen.
Eine Weile gingen sie durch den Dschungel, aber es war zu anstrengend für die Kinder. Also suchten sie den Weg zur Straße.
Kurz bevor sie an der Straße ankamen vernahmen sie Motorengeräusch. Hamwee kletterte auf einen Baum und sah sich um, rutschte wieder herunter.
„Es sind Soldaten, aber keine von uns. Sie tragen merkwürdige blaue Helme.“
Eine Frau meldete sich zu Wort.
„Ich habe von den Blauhelmen im Dorf gehört. Sie wollen Frieden schaffen. Die Rebellen und auch unsere Soldaten wollen sie nicht, aber sie helfen den Menschen.“
Hamwee überlegte. Mit den Kindern konnte er niemals den Weg bis in sein Dorf schaffen, und selbst wenn, was erwartete sie dort? Er fasste einen Entschluss.
„Wir gehen zu ihnen.“
Die Frauen starrten ihn an, dann nickten sie.
„Schnell, wir müssen uns beeilen. Zeigt ihnen die Kinder.“, rief eine Frau, die selber kaum noch laufen konnte.
Mit Rufen brachen sie durch die Büsche, als die Kolonne schon fast vorüber war. Staub wirbelte auf, als die Fahrzeuge hielten und mehrere Männer ausstiegen.
Ein Mann in ihrer Tracht, der als Dolmetscher mitgefahren war, kam zu ihnen und redete auf die Frauen ein, während die Soldaten mit den Gewehren im Anschlag die Frauen und die Gegend beobachteten, weil sie einen Hinterhalt befürchteten.
Hamwee trat vor, das Gewehr auf beiden Armen balancierend, die er weit von sich gestreckt hielt. Er wollte es den Soldaten geben. Einer kam näher, seine Waffe schussbereit. Hamwee kniete nieder, legte das Gewehr in den Staub und sah den Mann an. Ein zweiter Soldat nahm das Gewehr, entlud es und schlug es gegen einen Stein.
Der erste Soldat ließ die Waffe sinken und griff in seine Tasche.
„Kaugummi?“, fragt er Hamwee freundlich. Hamwee wusste nicht, was der Mann von ihm wollte. Er sah auf das Ding, das ihm entgegengehalten wurde, nahm es vorsichtig und roch daran. Es duftete süß, ein wenig wie die Pflanzen, die er kannte. Aber was machte man damit?
Der Soldat machte die Bewegung des Essens. Dann wickelte er sich selber einen Kaugummi aus und steckte ihn sich in den Mund, fing an zu kauen, zeigte mit einer Handbewegung den Hals hinunter und schüttelte den Kopf.
Hamwee atmete auf. Es war etwas zu Essen und doch auch wieder nicht, er sollte es kauen, aber nicht schlucken. Er machte es dem Soldaten nach und kaute. Ein süßer, frischer Geschmack machte sich in seinem Mund breit. Noch niemals hatte er so etwas köstliches gekaut.
Ein Lastwagen kam, sie stiegen ein. Hamwee durfte im Jeep mitfahren, musste seine Geschichte erzählen, die von dem Dolmetscher übersetzt wurde.
„Junge, du hast ganz schön was mitgemacht. Aber das ist vorbei. Wir werden das Dorf heute noch befreien, und dann werdet ihr gut versorgt.“
Nach einer Weile kamen sie in eine Zeltstadt, Männer mit weißen Kitteln untersuchten sie, gaben einigen Spritzen, anderen Tropfen oder Pillen.
Hinter Zeltwänden waren Duschen aufgebaut, an einer anderen Stelle Latrinen.
Hamwee bekam mit seiner Mutter und seinen Schwestern Platz in einem großen Zelt. Als er sich hinlegte kuschelten sich seine Schwestern an ihn. Seine Mutter streichelt sein Haar.
„Du bist ein Mann geworden. Dein Vater wird stolz auf dich sein.“
„Mama, werden wir ihn wiedersehen?“
„Ja, das werden wir. Und dann gehen wir nach Hause.

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